
HAZ- Artikel von Dienstag, 11. November 2025 Hannover
Von Bärbel Hilbig
Der Obsthof Hahne muss 22.000 Apfelbäume roden, die Leibniz Universität verlängert den auslaufenden Pachtvertrag nicht. Auf dem Areal in Sarstedt-Ruthe soll eine große Photovoltaik-Anlage entstehen.
Klaus Hahne geht der Anblick nahe. Manche Bäume hängen noch voller Äpfel: dicke Boskop, rot glänzende Elstar oder Idared, die wenig Fruchtzucker enthalten. „Dieses Jahr tragen die Bäume so im Übermaß, dass wir die Früchte gar nicht alle pflücken können“, sagt Hahne.
Der Obsthof Hahne hat das Gelände in Sarstedt-Ruthe im Jahr 2009 von der Leibniz Universität Hannover gepachtet. Doch das Ende der Obstplantage ist nun nahe. Die Universität hat den zum Jahresende auslaufenden Pachtvertrag nicht verlängert. Spätestens im März 2026 muss Hahne die Fläche geräumt übergeben. In der Herbstsonne summen Insekten, ein Schmetterling flattert über am Boden liegende Äpfel. „Es ist unwirtschaftlich und ökologisch total unsinnig, was wir jetzt machen“, klagt Hahne. Die Apfelplantage sei ein grünes Biotop, in dem viele Vogelarten leben. „Wie im Bilderbuch sieht es hier aus.
“ Gleichzeitig ärgert sich der 67-Jährige über die Investitionen ins Gelände, die nun nicht mehr zum Tragenkommen.
„Es wird hier eine Produktionsfläche weggenommen, die noch Jahre in voller Pracht stehen könnte“, sagt Hahne. Befristete Pachtverträge sind in der Landwirtschaft üblich. Dennoch hatte der Obstbauer bei Vertragsschließung mit einer längeren Nutzung des Geländes gerechnet. Die Hahnes pflanzten auf dem Ackerland rund 22.000 Apfelbäume, legten vier Kilometer Erdleitungen zur Bewässerung und zogen einen Zaun um die neue Plantage.
Hahne: Bäume könnten noch sechs Jahre tragen
Der Anfang auf dem Pachtgelände war mühsam. Rund vier Jahre brauchen Neupflanzungen in der Regel, bis sie gut tragen. Eine Wühlmausplage verhinderte obendrein in den ersten Jahren gute Ernten. Die Endhöhe von 3,50 Meter haben viele der Apfelbäume erst vor Kurzem erreicht. „Die Bäume sind jetzt in dem Zustand, in dem sie sein sollten“, sagt Hahne. Rund zwölf Jahre haben sie vollen Ertrag geliefert, weitere drei bis sechs Jahre wären nach seiner Schätzung gut möglich.
15 Sorten hat Hahne auf dem 7,5 Hektar großen Gelände angebaut. 4500 Pfähle und 18.000 Stäbe, verbunden durch Drähte, sichern den Stand der Obstbäume. Mit seinen Mitarbeitern bereitet der 67-Jährige die Räumung des Geländes vor. 72
Kilometer Draht haben sie bereits entfernt und per Hand aufgerollt, zur Wiederverwendung. Auch die Pfähle will der Landwirt einlagern. „Wir sind nur zu sechst und haben Druck durch den Räumungstermin.“ 150 Nistkästen müssen Hahne und seine Leute noch abbauen. Mitte November rückt eine Auftragsfirma an, um die Bäume zu roden, im Dezember werden sie gehäckselt. Mitsamt der Äpfel. Drei Wochen hat die Firma dafür eingeplant.
Als regionale Direktvermarkter bieten die Hahnes ihr Obst auf zwölf Bauernmärkten in Hannover und Laatzen an. Die eigene Anbaufläche von 23 Hektar liegt direkt an ihrem Obsthof mit Hofladen in Laatzen-Gleidingen. Der zweite Standort sollte das Risiko durch Baumkrankheiten oder Wetterereignisse minimieren.
Bauer und Universität streiten um Frostschäden
Nach Hahnes Angaben hat die Leibniz Universität ihm zunächst eine Verlängerung des Vertrags in Aussicht gestellt. Doch es schwelt ein Streit zwischen Verpächter und Pächter. Im Frühjahr 2024 konnte der Apfelbauer seine Beregnungsanlage zum Frostschutz der Blüten nicht nutzen. Das Gelände hat er inklusive Wasseranschluss gepachtet. Doch die Pumpen für die Wasserzufuhr waren defekt, zahlreiche Blüten erfroren. Für den Ernteausfall fordert Hahne Schadensersatz. Alles läuft auf einen Rechtsstreit hinaus. „Ich habe mehrfach eine gütliche Einigung versucht. Aber die Universität will den Schaden nicht begleichen.“
Bei solchen Konflikten liege die Beweispflicht in der Regel beim Pächter, sagt Torsten Nordmann vom Landvolk Hannover. Im besten Fall sei im Pachtvertrag festgelegt, wer für die Instandhaltung von Anlagen zuständig ist.
Universität plant Solaranlage in Ruthe
Die Leibniz Universität will zu dem laufenden Verfahren keine Stellung nehmen – dafür aber zu ihren Plänen für das Gelände. Die Hochschule besitzt insgesamt rund 40 Hektar in Ruthe, auf denen sie das ehemalige Institut für Gartenbau ein Forschungs- und Lehrgut betrieb.
Geplant ist nun eine große Freiland-Photovoltaik-Anlage zur Stromproduktion, die künftig rund 50 Prozent des Energiebedarfes der Hochschule klimaneutral sichern soll. Auf einer Teilfläche ist eine Kombination von Solaranlage und Landwirtschaft angedacht, die auch der Forschung dienen soll. „Wir sind dazu mit der Stadt Sarstedt und der Gemeinde Ruthe seit Längerem im Gespräch“, sagt Sprecherin Mechtild von Münchhausen. Erste Pläne präsentierte die Universität dieses Jahr auf einer Ortsratssitzung in Ruthe. Dabei nannte eine Uni-Repräsentantin Hahne als möglichenKooperationspartner. Der saß im Publikum und wunderte sich. „Mit mir hat niemand darüber gesprochen.“
Das ist angesichts des Streits kein Thema mehr. Bis zum Jahresende wollen die Hahnes das Gelände zurückgeben. Und befürchten, dass es danach längere Zeit brachliegt. So könnte es kommen. Einen konkreten Zeitplan für das Solarprojekt kann die Universität auf Nachfrage nicht nennen.
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